Eröffnungsausstellung
19.11.2010 - 23.07.2011
Ein Haus der Möglichkeiten
In den Speth'schen Hof in Ehingen ist eine neue städtische Galerie eingezogen. Das Fachwerkhaus von 1624 beherbergt die Sammlung Doris Nöth mit Kunst des Südwestens. Zeitgenössische Kunst wird das Haus beleben.
Ein Brand im Ehinger Jugendhaus, dem Speth'schen Hof, machte Ehinger Jugendliche 2000 vorübergehend heimatlos. Dass das verkohlte Haus mit den barocken Stuckdecken 10 Jahre später als noble Galerie wieder auferstehen würde, ahnte damals niemand. In Erinnerung an das Ereignis wurde bei der Restaurierung des Hauses ein Stück schwarze Stuckdecke belassen. Man wird hinschreiben müssen, dass das keine Kunst ist. Denn die ist mit der Sammlung Doris Nöth eingezogen. Das Haus ist am Wochenende als städtische Galerie eröffnet worden und weckt in der Region die Hoffnung auf einen neuen, lebendigen Ausstellungsort.
Doris Nöth ist gebürtige Ehingerin. Ihr Vater war am Gymnasium Lateinlehrer. Während ihrer Ausbildung verließ sie ihre Heimatstadt und eröffnete 1957 ihre Zahnarztpraxis in Kirchheim. In den Jahren sammelte Doris Nöth eine Kunst, die eng mit der Stuttgarter Kunstakademie verbunden ist und Werke der letzten Professoren und ihrer Schüler enthält. Malerei herrscht vor.
Der Faden nach Ehingen ist bei der 86-Jährigen nie abgerissen. Alte Schulfreunde und das Kulturamt knüpften ihn fester und machten es möglich, dass das denkmalgeschützte Haus nun als Galerie genutzt werden kann. Die barocken Stuckdecken wurden wiederhergestellt, die konisch verlaufende Treppe saniert. Auf drei Etagen bekommt die Kunst viel Raum, aber durch die vielen Fenster relativ wenig Wandfläche. So hängen derzeit vor allem kleine Bilder wie Moritz Baumgartls „Schneiderbüste“ von 1934, ein atmosphärisches Aquarell von André Ficus und Werke von drei Stuttgarter Professorengenerationen in den Kabinetten. Gegenständliches ist ebenso zu sehen wie abstrakte Malerei. Das kybernetische Objekt von Peter Vogel (1976) piept im Treppenhaus und Josef Bücheler hat seine Fahnen ausgespannt. Das erste Zimmer ist Paul Kleinschmidt gewidmet.Doris Nöth sammelte mit Herzblut Zeitgenossen, die von Ewald Schrade, dem Galeristen im benachbarten Schloss Mochental und Organisator der ART Karlsruhe, gehängt wurden. Schrade setzte vor allem auf Namen. Es gibt Entdeckungen wie das Blatt von Lothar Quinte (1976), Collagen mit gestreiften Pappen von Fritz Klemm (1902 – 1990) oder Arbeiten von Robert Schad.
„Wenn man einen Ort hat, zieht der die Künstler von alleine an“, meinte der Stuttgarter Akademie-Professor Nils Büttner bei der Eröffnung. Die Latte für künftige Ausstellungen sei hoch gelegt, aber eine städtische Galerie solle und könne sich von einem Wirtschaftsunternehmen wie einer privaten Galerie lösen, erklärte der Redner am Rande. Bisher sind städtische Ankäufe eng mit der Galerie in Schloss Mochental verbunden gewesen.
Ein Ehinger Kreis von Kunstfreunden, der das Haus betreut, will zukünftig Akzente setzen. Denkbar sind Wechselausstellungen mit zeitgenössischen Künstlern und thematische Präsentationen, in die auch die Sammlung des Künstlers Hermann Widmer mit einbezogen wird. Der Speth'sche Hof bietet viel Raum für Entwicklung.
Christina Kirsch, Südwestpresse Ulm, 22. November 2010
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