Mentoren der Sammlung Doris Nöth
24. Juli bis 9. Oktober
Parallel zu den Neuerwerbungen der Sammlung präsentierte die Städtische Galerie mit der Ausstellung „Mentoren der Sammlung Doris Nöth“ einen Einblick in das künstlerische Umfeld der Sammlerin in den 1960er- bis 1980er-Jahren mit Werkblöcken von Carl Weber, Friedrich Rommel, Fritz Ruoff und Jürgen Mack. Die Kirchheimer Kunstsammlerin Doris Nöth pflegte zu vielen der Künstler in ihrer Sammlung auch persönliche Freundschaften. Immer war sie in ihrer Begeisterung für die Kunst offen für den Austausch und oftmals bezog sie die Urteile befreundeter Künstler in ihre Kaufentscheidungen ein. Die Kirchheimer Künstler Carl Weber, Friedrich Rommel und Jürgen Mack begleiteten die Sammlung persönlich über viele Jahre. Fritz Ruoff aus Nürtingen wirkte mittelbar durch sein Werk und seine Haltungen, die die Kunst der Region um die Teck in den 1960er- bis 1980er-Jahren prägten. Die Ausstellung fasst zentrale Werke dieser Künstler aus der Sammlung Doris Nöth zusammen und lässt damit einen Zeitgeist spürbar werden, der von künstlerischem Aufbruch erzählt. Sie macht aber auch Eigenheiten der Sammlung in dieser Zeit spürbar: z. B. die Vorliebe für existenzialistische Positionen und das Schwarz in der Kunst einerseits oder ein besonderes Interesse für die Gratwanderung zwischen Figuration und Abstraktion sowie für malerische Expression andererseits.
CARL WEBER war als Kunstmaler Autodidakt und galt als Kirchheimer Original. Seine frühe Malerei war geprägt von Vorbildern wie den Landschaftsmalern Hans Thoma und Julius Kornbeck und entwickelte sich von einem schwerblütigen Realismus der Frühzeit zum immer freieren, reifen Spätwerk ab den 1950er-Jahren mit expressivem, pastosem Farbauftrag. Durch sein offenes Wesen und seine Kunstbegeisterung fand Doris Nöth nach ihrer Niederlassung in Kirchheim in ihm schnell einen Wesensverwandten. Auf gemeinsamen Fahrten wurden die großen Ausstellungen besucht und im gemeinsamen Kunstbetrachten die Qualitätskriterien geschärft. „Des hat ebbes“ war ein geflügeltes Wort des mit Lob sparsamen Schwaben, das mitunter auch den Weg für einen Ankauf für die Sammlung bereitete. Bis zu seinem Tod 1978 verband Carl Weber und Doris Nöth eine enge Kunstfreundschaft.
FRIEDRICH ROMMEL stammt aus Lindorf und hatte an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule und späteren Akademie bei Willi Baumeister Malerei und bei Adolf Schneck Innenarchitektur studiert. Sein künstlerisches Werk ist inspiriert vom Spannngsfeld zwischen figurativer und abstrakter Malerei. Seine Themen entstammen der ländlichen Heimat. Diese werden einer von Baumeister, Ernst-Wilhelm Nay und Adolf Hölzel geprägten abstrahierenden Formvereinfachung und einer expressiv schwerblütigen Farbigkeit unterworfen. Als Innenarchitekt gestaltet Rommel das Haus und die Praxis von Doris Nöth. Als Künstlerfreund öffnet er den Blick verstärkt für ungegenständliche Kunst, Innenarchitektur und Design. Von Adolf Schneck wird er 1959 als Dozent an die Marmara-Universität in Istanbul vermittelt, wo er mit einer zweijährigen Unterbrechung bis 1985 lehrt. Seine Malerei wird dort zunehmend farbkräftiger. Auch über die langen Auslandsaufenthalte hielten Doris Nöth und Friedrich Rommel immer ihren freundschaftlichen Kontakt.
FRITZ RUOFF ist der Sammlerin Doris Nöth als Mentor eher mittelbar verbunden. Als prägende Künstlerpersönlichkeit in Kirchheims Nachbarstadt Nürtingen hatte sein stark meditativ-spirituell geprägtes malerisches und bildhauerisches Werk wichtigen Einfluss auf die Kunstszene der Region. Das Motto von Paul Celan „Wir haben dem Schmerz und der Schönheit gleichzeitig zu dienen“ nimmt Fritz Ruoff gleichnisartig für sein Werk in Anspruch. Er formuliert damit einen existenzialistischen Anspruch, der vor allem transformiert über die Freundschaft mit dem benachbart zu Doris Nöth wohnenden Künstler Jürgen Mack Einfluss auf die Sammlung hat. Die Ernsthaftigkeit und expressive Tiefgründigkeit der Kunst Ruoffs findet ein Echo in der formalen Strenge und spirituellen Schwingung vieler Sammlungsexponate, die vor allem in den 60er bis 80er-Jahren Eingang in die Sammlung fanden. Bis heute besteht eine herzliche Verbindung zwischen Doris Nöth und der Stiftung Fritz und Hildegard Ruoff in Nürtingen.
JÜRGEN MACK wohnte zwei Häuser neben Doris Nöth in der Jesinger Straße in Kirchheim. Nach einem Musikstudium in Detmold widmet er sich zunächst experimenteller Fotografie und unter dem Einfluss des abstrakten Expressionismus entstehen ab 1962 zunächst informelle Tafelbilder und Zeichnungen. In den 60er-Jahren entwickelt er eine konzentrierte, existenzialistisch geprägte Form der Collage, die seither in ihrer sensiblen Schichtung und ihrem malerischen Reichtum an Valeurs zu einem Markenzeichen seiner Kunst geworden ist. Die Strenge der frühen schwarzen Reliefs und Collagen von Jürgen Mack zeigt Einflüsse des künstlerischen Freunds und Mentors Fritz Ruoff. Aus der Nachbarschaft zu Doris Nöth erwächst eine lange Freundschaft. Auch Jürgen Mack gehört zum Kreis der Künstler, die zusammen mit Doris Nöth Ausstellungen besuchen und sie bei Ankaufsentscheidungen beraten. Die Dominanz der Farben Schwarz und Weiß und die Vorliebe für klare, strenge Formen, die sich immer wieder in Ankäufen der 70er und 80er-Jahre spiegelt, hat sicher auch im künstlerischen Diskurs mit Jürgen Mack einen Ausgangspunkt.
Carl Weber, Landschaft,1962
Fritz Rommel
Fritz Ruoff, ohne Titel, 1963
Jürgen Mack, ohne Titel,