Stadt Ehingen

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Oliver Braig "meine worte"

29. Juni - 28. September

Selten gehen Kunstwerke eine so gelungene Beziehung zu Räumen ein wie in der Ausstellung, die Oliver Braig in der städtischen Galerie Ehingen mit ihren schönen Stuckdecken eingerichtet hat.
 
Oliver Braig ist ein vielbeschäftigter Künstler mit großen Ausstellungen zum Beispiel in Offenburg und Potsdam sowie einer Rauminstallation in der Villa Rot im Rahmen der Ausstellungsreihe „Kunst in Oberschwaben“. Für Ehingen hat er eine kleine Werkschau zusammengestellt, die zentrale Aspekte seines Schaffens zeigt, in dessen Fokus immer auch der Betrachter steht.
 
Braigs Werke irritieren zunächst und stimulieren unsere geistige Mitarbeit. Sie schärfen unsere Wahrnehmung, regen zu vielfältigen Assoziationen an und belohnen uns durch ungewöhnliche ästhetische Erlebnisse und Erkenntnisse.
 
Im ersten Raum spüren wir die enorme Energiewirkung von Farbe auf Körper und Gemüt und entdecken überrascht, dass uns unser gGehirn Farben vorspielt, die physikalisch nicht vorhanden sind. Schrifttafeln und weitere Bildtafeln rufen Erinnerungen wach an blindmechanische Schönschreibübungen aus Zeiten, als in dem Gebäude noch Schule gehalten wurde, lassen uns eingefahrene Wahrnehmungsmuster erkennen und führen manchen bis in die Tiefe von Wittgensteins sprachphilosophischen Gedanken.
 
Braigs Werk bieten vor allem großartiges Assoziationsfutter: In einem kinetisch fragilen Gebilde führen Baustahl und eine Wurzel einen ästhetisch reizvollen Dialog und verblüffen – ironisch durch drei kleine Discokugeln aufgebrochen – mit Assoziationen zwischen Technik, Natur, Schwabenland und Japan. Ein hohler Kopf produziert Luft und bewegt eine Feder. Mit Epoxidharz beschichteten Holzobjekten grüßt der heimische Wald und erfreut beim tiefen Blick durch pubertär-freche Anspielungen.
 
Oliver Braig, geboren 1969, lebt heute in Stuttgart und ist auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ehingen aufgewachsen, wo er heute noch sein Atelier hat. Als gelernter Steinbildhauer setzte er sich während seine Studiums an den Kunstakademien Stuttgart und Karlsruhe intensiv mit den Positionen zeitgenössischer Kunst, vor allem der Konzeptkunst, auseinander. Doch die Prägung durch die dörfliche Heimat sei für ihn entscheidend gewesen, betont er. Hier entwickelte er seine handwerkliche Meisterschaft in einem Umfeld, „in dem Kunst so ziemlich das Letzte war, was man brauchte.“ Diese produktiv umgesetzte Spannung zwischen ländlichem Leben und Denkstrukturen und der oft abseitigen Gedankenwelt moderner Kunst lässt seine Werke und auch seine Persönlichkeit aus der Kunstszene unverwechselbar herausragen.
 
Volker Sonntag
km113 - Kulturmagazin, September/Oktober 2014

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